Ein Gespräch, das inspiriert – mit einem der wichtigsten Vordenker unserer Zeit.

Ein Pionier, der innere Entwicklung zur gesellschaftlichen Aufgabe macht

Manche Menschen folgen einem inneren Ruf, der weit über sie selbst hinausweist. Tomas Björkman ist so jemand. Der schwedische Sozialunternehmer, Autor und Vordenker inspiriert uns bei der CAIA academy seit Jahren – als Mit-Initiator der Inner Development Goals (IDGs), als Brückenbauer zwischen Wissenschaft, Bewusstsein und Gesellschaft und als Gastgeber für Räume echter Transformation.

Er ist überzeugt: Innerer Wandel ist kein Luxus – er ist die Voraussetzung für eine lebenswerte Zukunft. Und er lebt diese Überzeugung – in Büchern, in Netzwerken, in konkreten Projekten wie dem neuen Emerge Lakefront in Stockholm.

Wir haben Tomas für ein tiefes, persönliches Gespräch getroffen – über Orte, Ideen und die innere Arbeit, die all dem zugrunde liegt.

Tomas Björkman

„Ich hatte eine sehr erfolgreiche Karriere – und spürte
gleichzeitig eine große Leere“

Tomas, du hast eine bewegte Reise hinter dir – vom Unternehmertum hin zur inneren
Entwicklung. Gab es einen Moment, der alles verändert hat?

Tomas: In meiner frühen Karriere im Bankwesen und im Unternehmertum war ich umgeben von Erfolgsgeschichten – und spürte gleichzeitig eine große Leere.Ein Schlüsselmoment war während eines Leadership-Retreats. Dort wurde mir klar: Organisationen können sich nicht transformieren, ohne dass sich die Menschen in ihnen verändern.

Dasselbe gilt für ganze Gesellschaften. Viele der Probleme, die wir heute sehen – ökologische Krisen, Spaltung, Ungleichheit – sind Symptome einer tieferen Krise: einer Krise der Reife, des Bewusstseins, des Sinns. Das war der Wendepunkt in meinem Leben.

Von der Einsicht zur Bewegung: Die Entstehung der IDGs

Wie sind daraus die Inner Development Goals (IDGs) entstanden? Was war der Auslöser?

Tomas: Ganz ehrlich: Frustration. Ich sah so viele gut gemeinte Initiativen – aber sobald es um innere Entwicklung ging, wurde es schwammig. Die Sprache passte nicht. Spirituelle Begriffe wurden oft abgewertet oder missverstanden. Ich wollte eine Brücke schlagen: von der inneren Arbeit hin zu einer Sprache, die auch in Unternehmen, Schulen oder der Politik verstanden wird.

„Die IDGs machen das Unsichtbare sichtbar – sie geben der menschlichen Seite der Transformation einen Namen.“

Entscheidend war die Frage: Wenn wir die SDGs (Sustainable Development Goals) wirklich erreichen wollen – welche menschlichen Fähigkeiten brauchen wir dafür?

Warum sind innere Fähigkeiten aus deiner Sicht genauso wichtig wie äußere Veränderungen?

Tomas: Weil jedes System – ob ökonomisch, politisch oder ökologisch – letztlich von Menschen gestaltet wird. Und jede Entscheidung hängt von unserer Reife, unseren Werten und unserer Bewusstheit ab. Ohne Fähigkeiten wie Präsenz, Mitgefühl oder Perspektivenwechsel riskieren wir, die alten Muster einfach in neuem Gewand zu wiederholen.

„Innere Entwicklung ist kein “Add-On” oder Luxus – sie ist das Fundament für kluge Entscheidungen und echten Wandel.“

Wenn wir eine regenerative und gerechte Zukunft aufbauen wollen, müssen wir die menschlichen Qualitäten kultivieren, die eine solche Zukunft ermöglichen. Systemischer Wandel und innere Entwicklung sind keine getrennten Wege, sondern zwei Seiten derselben Transformation.

In welche Richtung entwickeln sich die IDGs aktuell weiter?

Drei Richtungen sind besonders lebendig:

1. Bildung: Von der frühen Kindheit bis zur Führungskräfteentwicklung – wie kann innere Reifung Teil des Lernens werden?

2. Organisationen: Immer mehr Unternehmen erkennen, dass diese Qualitäten Teil ihrer Kultur und Praxis sein müssen.

3. Kulturelle Kontexte: Wir erforschen, wie sich die IDGs mit indigenem Wissen, spirituellen Traditionen oder regionalen Besonderheiten verbinden lassen.

Und wir legen den Fokus zunehmend auf kollektive Entwicklung: Nicht nur wie Individuen wachsen – sondern wie Gruppen und ganze Gemeinschaften gemeinsame Fähigkeiten aufbauen können.

Emerge Lakefront – ein Zuhause für langfristige Entfaltung

Was ist deine Vision für Emerge Lakefront?

Tomas: Emerge Lakefront ist ein Ort für tiefgreifende, langfristige Transformation – sowohl individuell als auch gesellschaftlich. Hier leben und arbeiten Menschen an der Schnittstelle von innerer Entwicklung und Weltgestaltung: Künstler:innen, Wissenschaftler:innen, Aktivist:innen, Suchende.

„Was wäre, wenn wir wirklich leben würden, als ob innere Entwicklung zählt?“

Dies steht in direktem Zusammenhang mit meiner umfassenderen Aufgabe, in einer Zeit der Fragmentierung Räume zu schaffen, die Bewusstsein, Gemeinschaft und Kohärenz fördern.

Wie sieht das konkret aus? Gibt es eine persönliche Erfahrung, die dich dort berührt
hat?

Tomas: Ein besonderer Moment war ein stilles Morgentreffen mit 20 Menschen aus 12 Ländern. Kein Programm, keine Anweisungen – einfach nur gemeinsam anwesend sein. Und doch entstand da etwas. Eine gemeinsame Tiefe, ein geteilter Wille zur kulturellen Erneuerung. Solche Erfahrungen sind zart – aber sie hinterlassen Spuren.

Was können Orte wie Emerge Lakefront in dieser Zeit bewirken?

Tomas: Solche Orte sind lebendige Experimente. Wenn Menschen echte Präsenz, Verletzlichkeit und Entwicklung in Gemeinschaft erleben, verändert das ihren Blick auf die Welt. Sie tragen diese Erfahrung in ihre Organisationen, in ihre Familien, in die Gesellschaft.

„Wir brauchen keine Utopien – wir brauchen Mikrokosmen des Möglichen.“

Ich spreche oft davon, Brücken in den Nebel zu bauen. Wir können den emergenten Wandel nicht planen – aber wir können ihm Räume geben. Entscheidend ist, aus welchem Bewusstsein heraus wir handeln.

Flow to Future – Vom Integralen Denken zur gelebten Transformation

Flow to Future Banner

Auf unserem Event Flow to Future wirst du über die Verbindung von der Integralen Theorie nach Ken Wilber und den IDGs sprechen. Was dürfen wir erwarten?

Tomas: Ich möchte zeigen, wie sich zwei kraftvolle Perspektiven gegenseitig befruchten: Die IDGs machen innere Entwicklung greifbar – in Schulen, Unternehmen, Politik. Die Integrale Theorie liefert eine tiefere Landkarte: Sie beschreibt, wie Bewusstsein und Weltbilder sich über Lebensphasen hinweg entwickeln.

„Die IDGs sind eine Brücke: Sie übersetzen integrale Einsichten in eine
zugängliche, praxisnahe Sprache.“

Die IDGs ersetzen das Integrale Denken nicht – sie öffnen einen Raum dafür. Sie sind ein Einstieg, der Menschen in die Tiefe führen kann, ohne sie mit Theoriekonstrukten zu überfordern.

Welche Rolle können Gemeinschaften wie CAIA dabei spielen?

Tomas: Eine zentrale Rolle. Es reicht nicht, über innere Entwicklung zu sprechen – wir müssen sie leben. In unseren Beziehungen, in Entscheidungsprozessen, in der Art, wie wir gemeinsam Konflikte navigieren.

„CAIA ist ein Prototyp der Zukunft – ihr zeigt, was möglich wird, wenn Menschen
sich bewusst auf den Weg machen.“

Das ist leiser Aktivismus – nicht durch Protest, sondern durch gelebte Alternativen. Und genau solche Räume brauchen wir, um Gesellschaften von innen heraus zu verändern.

Perspektiven für die Zukunft

Was macht dir Hoffnung, wenn du an die nächsten 20 Jahre denkst?

Tomas: Dass immer mehr Menschen – über Kulturen und Generationen hinweg – beginnen, die Wurzeln unserer Krisen zu erkennen. Dass Veränderung nicht nur Technik oder Politik bedeutet, sondern ein anderes Verhältnis zu uns selbst, zu anderen, zur Erde.

Ich sehe mehr Orte, an denen Menschen bereit sind, langsamer zu machen, nachzudenken, über Unterschiede hinweg zusammenzuarbeiten und sich für langfristige Arbeit zu engagieren – selbst wenn diese komplex und unsicher ist. Das gibt mir Hoffnung.

„Es sind nicht weniger Probleme – aber mehr Menschen, die ihnen mit Mut,
Tiefe und Offenheit begegnen.“

Welche inneren Qualitäten brauchen wir heute am dringendsten?

Ich würde drei nennen:

  • Perspektive: Komplexität halten, ohne in Polarisierung zu fallen
  • Präsenz: Offen und verkörpert bleiben, auch wenn es schwierig wird
  • Purpose: Nicht als Slogan, sondern als tief verankerte Ausrichtung auf das Gute

Diese Qualitäten sind keine Heldentaten. Sie sind erlernbar – wenn wir gemeinsam üben.

Und zum Schluss: Was ist eine ganz einfache Praxis, mit der jeder heute beginnen
kann, um zur inneren Veränderung beizutragen?

Tomas: Ich stelle mir morgens eine kurze Frage: Mit welcher Präsenz möchte ich heute in die Welt gehen? Nicht: Was will ich erreichen? Sondern: Wie möchte ich mich zeigen – in Gesprächen, in Begegnungen, in Herausforderungen?

Diese kleine Pause – nur ein paar stille Minuten – hilft mir, mich wieder mit dem Wesentlichen zu verbinden, besonders wenn es hektisch oder chaotisch wird. Es ist nichts Spektakuläres, aber mit der Zeit verändert es, wie ich mit anderen umgehe und Entscheidungen treffe.

„ Innere Entwicklung braucht nicht immer große Programme oder Retreats – sie
beginnt damit, wahrzunehmen, zu reflektieren und sich Moment für Moment ein
Stück bewusster zu entscheiden.“

Tomas Björkman spricht bei Flow to Future vom 17. bis 20.07.2025 im Lebensgarten
Steyerberg. Mehr Infos unter caia-academy.de/flowtofuture